Jesus von Nazareth wollte keine Pfarrer!
Dieter Potzel: Prof. Mynarek hat eindrücklich dargelegt, wie sich die Kirche in all den Jahrhunderten mit den Mächtigen verbunden hat, gleich, um welches Regime es sich handelte. Dafür legitimieren die kirchlichen Theologen das Handeln der jeweiligen Obrigkeit. Es ist ein Kuhhandel, oder wie immer man es auch nennen mag.
Ich selber habe da auch eine Erfahrung: Ich war evangelischer Pfarrer in Bamberg. In der Zeit kurz vor dem ersten Golfkrieg wies ich damals auch öffentlich darauf hin, dass Jesus von Nazareth Pazifist war. So habe ich unter anderem vorgeschlagen, dass wir in Bamberg die Glocken läuten sollten zur Warnung vor dem Krieg, da auch Jesus niemals für einen Krieg war und ist, weder für diesen noch für einen anderen. Ich war aber der einzige in der Pfarrerrunde, der das so sah, die Kollegen haben sinngemäß gesagt: Na ja, man kann die Glocken nur allgemein für den Frieden läuten lassen, doch wenn der Saddam Hussein sich nicht freiwillig aus Kuwait zurückzieht, dann muss der Westen dem Irak eben leider den Krieg erklären, und ich könnte ja mit meiner Sondermeinung einen Leserbrief schreiben.
Dieses Beispiel erzähle ich auch deshalb, weil es auf dem Handzettel zum heutigen Abend heißt: „Bürger, wollt ihr ewig zahlen“? Ich habe zwar finanziell von der Kirche profitiert, aber ich habe es um den Preis meiner eigenen inneren Unabhängigkeit getan. Ich habe Jahr um Jahr Kompromisse gemacht, obwohl ich gespürt habe, dass das nicht die Organisation sein kann, die Jesus gewollt hat. Jesus hat überhaupt keine Pfarrer gewollt und schon gar keinen Papst. Jesus hat gesagt: „Ihr sollt niemand auf Erden Vater nennen. Denn Einer ist Euer Vater, Euer Vater im Himmel.“ Die Kirche aber nennt den Papst „Heiliger Vater“.
Und auch sonst konnte ich in beiden Großkirchen nicht mehr viel von dem spüren, was mich als Jugendlicher mal an Jesus fasziniert hat und ursprünglich zum Theologiestudium gebracht hat. Doch ich befand mich ja auch inmitten einer Institution, die, wie der Historiker Karlheinz Deschner einmal sagte, wie keine andere Organisation in der Geschichte der Menschheit so lange, so fortgesetzt und so scheußlich mit Verbrechen belastet ist, was man leider oft nicht wahrhaben will.
"Schmelzt die goldenen Monstranzen ein!"
Als sich der Papst im Jahr 1999 halbherzig für die Verbrechen der Kirche entschuldigen wollte, haben ihm einige konfessionslose Christen auf den Zahn gefühlt. Wir wollten in Rom zur Eröffnung des so genannten Jubeljahres 2000 einen Handzettel verteilen, der aber schließlich von den Behörden verboten wurde. Was stand da drauf? Ich lese einmal vor: „Zur höheren Ehre Gottes haben sie die Länder ausgeraubt, zur höheren Ehre Gottes sollen sie das Geld zurückgeben. Lasst euren Entschuldigungen Taten folgen, räumt die kirchlichen Museen aus, schmelzt die goldenen Monstranzen ein, holt die Edelsteine aus den Schatztruhen und gebt sie zurück. Wir rufen auch die Völker auf: Lasst euch nicht mit flachen Worten abspeisen. Mit dem Geld, das euch zusteht, kann man die Wirtschaft ankurbeln, man kann Arbeitsplätze schaffen, man kann soziale Leistungen finanzieren“ – natürlich unbequeme Worte, und das durfte darum nicht verteilt werden, um den kirchlichen Jubel nicht zu stören.
Für mich war irgendwann klar: Kirche und Christus, das ist letztlich ein Widerspruch, und deshalb bin ich ausgetreten. Da habe ich mich erst mal innerlich wirklich frei gefühlt, als ich hier meinem eigenen Gewissen gefolgt bin.
Aktive Politiker sind "Kirchgänger" oder Mitläufer
Von unserer Initiative „Mehr Geld für den Bürger“ haben wir Anfang 2003 viele Politiker angeschrieben mit der Frage, ob man nicht mal an das Thema Kirchensubventionen herangehen könne. Doch da war nicht eine zustimmende Antwort, lediglich Herr Möllemann war zumindest offen dafür, zweifelte jedoch verständlicherweise an, ob wir für dieses Anliegen eine politische Mehrheit bekommen. Doch alle anderen Politiker, die uns antworteten, haben für die Kirchen Partei ergriffen, denn die tue ja so viel Gutes. Herr Rampp hat ja diesen Mythos bereits entlarvt.
Seit gestern laufen nun auch wieder die kirchlichen Aktionen „Misereor“ und „Brot für die Welt“. Zu den kirchlichen Spendenaktionen muss man allerdings klipp und klar sagen: Die Kirche gibt dabei nichts von ihrem Reichtum ab. Sie sammelt Geld von den Gläubigen und gibt dieses Geld nach Abzug einer Verwaltungsgebühr weiter. Der Reichtum der Kirche, die Kirchenfinanzen selber werden dabei jedoch nicht angetastet. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht: Die Kirchen nützen auch in diesem Sozialbereich ihren gesellschaftlichen Einfluss aus, um ihre Macht auszuweiten, z.B. dadurch, dass in kirchlichen Hilfswerken oder Sozialeinrichtungen die Kirchenmitgliedschaft für die Mitarbeiter erforderlich ist. Ich weiß von kirchlichen Mitarbeitern, z.B. in Beratungsstellen, die nur wegen ihres Arbeitsplatzes nicht austreten, der aber, wie wir gehört haben, vielfach staatlich finanziert ist. Und was das Geld angeht: Man ahnt gar nicht, was es da alles für „Töpfe“ gab und gibt, aus denen Geld in die Kirche fließt: Zonenrandförderung, Bayerischer Jugendring, Kulturstiftung und dieses und jenes. Oder für die Außenrenovierung einer Kirche – Antrag an die Stadt, natürlich wurde subventioniert, ein sechsstelliger Betrag. Dann für die Innenrenovierung der Kirche – wieder Antrag an die Stadt – natürlich wird wieder subventioniert. Es sind ja die Politiker der Parteien SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP überwiegend Kirchenmitglieder oder Mitläufer, die sich von ihrem Wohlverhalten gegenüber den Kirchen etwas versprechen. Und diese verschließen sich selten einer Bitte der Kirche.
Und im Religionsunterricht, 9. Klasse – da werden dann „Sekten“ und religiöse Minderheiten mit Unwahrheiten und Verleumdungen in die Pfanne gehauen, und dabei wird auch der Religionsunterricht an den Schulen zu 100% vom Staat bezahlt. So weit einmal noch einige Ergänzungen zum Thema. [Mehr]