Kirchensteuer zwischen 1968-1998 verfünffacht!

Besucher: Ich gebe es offen zu, ich bin Student der Evangelischen Theologie und Sie haben gesagt: Es sieht nicht so aus, dass die Kirchen, wie sie es oft behaupten, zu wenig Geld hätten – auch nicht im Moment. Dort wird jedoch behauptet, durch die vielen Kirchenaustritte und finanziellen Wegbrüche sei das System mit dem Personalapparat, der ja im Moment ziemlich aufgeblasen ist, nicht mehr tragbar. Die Stellen der Leute, die jetzt im Moment Theologie studieren, sind z.B. in Gefahr. Es wurden auch schon mit dem Staat Abkommen getroffen, dass die Leute bis zur Übernahme in den Pfarrdienst als Lehramtspfarrer für evangelische Religion in den Schulen tätig sind.

Weil es in den letzten Jahren finanziell so gut lief, sind auch viele zusätzliche soziale Einrichtungen geschaffen worden, die sehr nützlich sind, die aber nun leider auch nicht mehr in dem Maße fortgeführt werden können, einfach weil die Finanzierung nicht mehr gegeben ist. Wie stellt sich das jetzt Ihrer Meinung nach dar? Ist das jetzt wirklich viel Gerede um Nichts und man möchte das Geld woanders hinfließen lassen, oder ist dort wirklich eine finanzielle Notsituation eingetreten?

Gerhard Rampp: Ich habe vorher versucht darzulegen, dass die Kirchen im Prinzip viele Einnahmequellen haben, von denen die Kirchensteuer nur eine ist. Das heißt, die Kirchen jammern, dass die Kirchensteuereinnahmen weniger werden könnten. Doch seit etwa 1997 habe ich bemerkt, dass sie jedes Mal gejammert haben, dass Kirchensteuer-Wegbrüche zu erwarten seien. Wenn ich dann aber die endgültigen Zahlen gelesen habe, dann hieß es immer wieder: „Ja, erfreulicherweise haben wir sogar noch ein Plus gemacht“ oder „Wir haben gerade noch unseren Stand halten können.“ Bei der Kirchensteuer hat sich das Aufkommen der beiden Kirchen zwischen 1968 und 1998 mehr als verfünffacht. Es waren beträchtliche Zuwachsraten und es war weit mehr als die Inflationsrate, weit mehr als die Personalkostensteigerungen. Ich meine, da konnten die Kirchen natürlich in der Tat eigentlich damit gut auskommen.

Ich bin der Meinung, dass die Kirchen nicht an ihre Rücklagen, an ihre Zinseinnahmen und Ähnliches gehen wollen, das ist nämlich das Problem, das wäre eine interne Umschichtung, was ich Ihnen selber nicht vorwerfe, sondern Sie sind ja eher Leidtragender dieser Entwicklung. Und zum anderen: Das Jammern ist natürlich auch dem Umstand zu verdanken, dass die Kirchen genau wissen: Sie haben einerseits große Reichtümer, aber auf der anderen Seite ist es nicht sehr populär, auch bei Christen, auch bei den Kirchenmitgliedern, dass die Kirche so reich ist. Also, wie soll sie aus diesem Spagat herauskommen? Sie stellt sich einfach ärmer dar, als sie ist.

Ich möchte jetzt noch ein Beispiel nennen: Jede der beiden Kirchen hat einen Grundbesitz in Deutschland von etwas 4500 Quadratkilometern, das ist eine Fläche vom Stadtstaat Hamburg, Berlin, Bremen und Bremerhaven plus dem Saarland zusammen. Da sind natürlich auch Forst- und Waldflächen dabei, doch es sind auch viele First-Class-Grundstücke im Zentrum der Großstädte. Deshalb kann man schon von daher sagen – arm sind sie nicht.

Dieter Potzel: Ich möchte noch grundsätzlich hinzufügen, dass es ja auch nicht Aufgabe des Staates sein sollte, weiterhin das konfessionelle Theologiestudium zu finanzieren – ganz unabhängig von den Erwägungen bei der Neueinstellung von Pfarrern, die Sie hier dargelegt haben. [Mehr]



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