Bürger kritisieren Kirche

Dieter Potzel: Jetzt folgender Vorschlag: Es sind noch viele Fragen zu den Kirchenfinanzen. Ich würde sie am liebsten jetzt alle sammeln, denn es ist schon spät, und ich möchte nicht, dass jemand nicht mehr drankommt. Deswegen bitte alle Hände hoch, wer noch was sagen möchte. Jeder bitte kurz seinen Beitrag auf den Punkt bringen. Und wir versuchen vom Podium aus so gut es geht, noch darauf zu antworten.

Besucher:
Es muss gesagt werden, dass der Staat die Religionslehrer bezahlt. Aber wenn kein Religionslehrer bezahlt wird, dann wird Ethik bezahlt – also, das bleibt das Gleiche. Ferner werden auch die Kindergärten oder Krankenhäuser oder Schulen, die in kirchlicher Trägerschaft sind, bezahlt, und die kommen dem Staat billiger, als wenn sie ganz in seiner Trägerschaft wären. Das muss gesagt werden. Heute wurde im Radio gesagt: In Haiti ist nur noch die katholische Kirche als einziger stabiler Faktor, nachdem Aristide weg ist.

Besucher: Ich möchte nur eine Frage an das Podium stellen: Hier sind ungefähr 200 Leute. Was können diejenigen, die von den 200 Ihrer Meinung sind, die aber nicht mehr in der Kirche sind, noch tun, um die Sache zu unterstützen – konkret?

Besucher: Hat die Kirche eigentlich ihre eigene große Jurisprudenz, dass sie die Pfarrer, die Fehler machen, selbst verurteilen, oder kommen die vor einen weltlichen Richter?

Besucherin: Die kommen vor das Jüngste Gericht!

Besucher: Ich habe ein ganz anderes Problem: Und zwar habe ich das Problem als Bürger der Bundesrepublik. Wir reden ja jetzt die ganze Stunde nur darüber, wie man verhindern kann, dass die Kirche von uns Geld einnimmt. Sie sagten, dass die Trennung Kirche und Staat bereits in der Verfassung, respektive im Grundgesetz verankert ist. Was können wir denn tun, damit das meinetwegen über die Judikative ausgehebelt wird. Meinetwegen, wenn das in Deutschland nicht möglich ist, vielleicht ist Europa eine Chance dafür?

Besucher: Ja, ich hätte nur noch eine ganz kurze Entgegnung zu dem Beitrag, in dem die Ansicht vertreten worden ist, dass die in kirchlicher Trägerschaft befindlichen Schulen den Staat letzten Endes billiger kommen als die rein staatlichen. Ich habe da meine erheblichen Zweifel aus der Praxis. Ich selber unterrichte an einer staatlichen Realschule. Wir haben einige kirchliche im Umkreis.

Nur ein kleines Beispiel von vielen: Eines Tages fällt unser einziger und liebster Kopierer aus für knapp 600 Schüler. Anruf bei der Firma, der Techniker kommt und sagt: ,Da habt ihr’s, ihr Hungerleider, mit eurem einzigen Kopierer. Da geht’s ihr nüber nach Maria Stern, da haben sie drei und auf dem vierten liegt doch bloß Papier drauf.’ So sieht das mit der Ausstattung der kirchlichen Schulen aus im Vergleich zu den staatlichen. Die bauen irgendwas, lassen sich vom Staat 90% ersetzen, und ich bin der Ansicht, dass diese 90% weitaus höher liegen als die 100%, die dem Staat die staatliche Schule kostet.

Besucherin: Wie die Kirche zu ihrem Reichtum gekommen ist – das gilt auch außerhalb Europas. In südamerikanischen Ländern, in Mexiko, Peru oder dergleichen, sehen wir, dass die arme, noch unaufgeklärte Bevölkerung mit Freuden der Kirche Gelder zukommen lässt. Die Leute sind noch immer in Angst und Schrecken vor der Kirche. Es ist tatsächlich so, dass auch Armut ein Grund ist für die Kirche, zu Geld zu kommen.

Dieter Potzel: Dankeschön für die Beiträge. Und vielen Dank allen, die sich so rege beteiligt haben. Ich bitte jetzt die Referenten, noch einmal Stellung zu nehmen. [Mehr]



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